Deutsches Psychotherapeutennetzwerk 

Vom Netzwerk zum Verband

Von der Bewegung zum Verband

Pressemitteilung vom 26.5.2019

Die Gründung des Deutschen Psychotherapeuten Netzwerks am 2. Mai 2019 ist der vorläufige, aber ganz sicher nicht der letzte Höhepunkt einer rasanten Entwicklung innerhalb der Psychotherapeutenlandschaft in Deutschland. Die Psychologen Dieter Adler (Bonn, Vorsitz), Claudia Reimer (Frielendorf, Stellv. Vorsitz) und Robert Warzecha (Bonn, Fi- nanzen) bilden den ersten gewählten Vorstand.

Die Verbandsgründung ist eine Antwort auf drängende Fragen, die sich PatientInnen wie BehandlerInnen angesichts des rasanten Umbaus unseres Gesundheitswesens stellen. Profitgier, seelenloser Technisierung, Verknappung von Behand- lungszeiten, Kontroll- und Regulierungswahn sowie unzumutbaren Eingriffen in das autonome Handeln der Therapeu- tInnen bzw. ÄrztInnen wird klar, mutig und entschieden entgegen getreten.

Der Verband versteht sich als humanistisch, basisdemokratisch, solidarisch mit anderen Interessenvertretungen im Gesundheitswesen und damit als notwendige Ergänzung, nicht in Konkurrenz stehend zu ihnen.

Zur Vorgeschichte:

Die letzten Jahre waren für die niedergelassenen PsychotherapeutInnen in Deutschland geprägt von umfassenden Reformen und Änderungen der Gesetzgebung.

Die bestehenden Berufsvertretungen - Bundes- und Länderkammern sowie Berufsverbände - zeigten sich nur unzureichend in der Lage, zentrale Interessen der Therapeutenschaft in den Entscheidungsgremien klar zu formulieren geschweige denn durchzusetzen. Schweigepflicht und Datensicherheit, Entscheidungshoheit über die Dauer und Notwendigkeit der psychotherapeutischen Behandlung, die unbefriedigende Situation der langen Wartezeiten auf ein Erstge- spräch - es gibt viele Themen, die die PsychotherapeutInnen nun wieder in die eigene Hand nehmen wollen.

Ausgelöst wurde die Initiative, ein alternatives Netzwerk aufzubauen, durch die Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI) im Gesundheitswesen. Das Gesetz war längst beschlossen, als klar wurde, dass alle im Kassensystem Arbeitenden, auch die vielen kleinen Einzelpraxen, mit in die digitale Mammutstruktur aufgenommen werden sollen. Zunächst nahe- zu widerstandslos und unvorbereitet wurde die gesamte Therapeutenschaft mit einer fachfremden Thematik konfron- tiert, die mitten ins Herz der therapeutischen Professionalität zielt.

Verschwiegenheit und Vertrauen sind zentrale Bestandteile der psychotherapeutischen Arbeit - digital erfaßte Daten in einem riesigen Datenpool jedoch können de facto nicht geschützt werden. Zudem hat es vor der Gesetzgebung weder meinungsbildende Verfahren wie Befragungen noch fachlich fundierte Datenschutzfolgeabschätzungen gegeben. Es gibt eine erhebliche Anzahl von Psychotherapie- und Arztpraxen, die sich aus guten Gründen gegen eine Anbindung an das digitale Gesundheitsnetz entschieden haben und dafür Honorareinbußen in Kauf nehmen. Genaue Zahlen werden nicht veröffentlicht, vermutlich, weil die politisch Verantwortlichen nicht mit einem so hohen Widerstand gerechnet haben. Statt dessen werden - so die neuesten Pläne des Gesundheitsministers - die Sanktionen schnellstmöglich erhöht.

Mit der Bildung des Kollegennetzwerks und seinem wöchentlichen Newsletter, von dem die 100. Ausgabe in dieser Woche erscheint, wurde für die sonst eher stille und unpolitische Berufsgruppe der PsychotherapeutInnen die Möglich- keit des Austausches und die Formulierung gemeinsamer Positionen geschaffen. Die Abonnentenzahl des Newsletters ist stetig gestiegen und wird bald 12.000 erreichen. Zahlreiche Aktionen, Unterschriftensammlungen, Leserbriefe, Brie- fe an Abgeordnete, Erstellung von Informationsmaterial für Pat. etc. sind über den Newsletter, bislang informell, initiiert worden. Die offizielle Verbandsgründung ist nun die logische Folge dieser Entwicklung.

Mit dem neuen Verband ist die gesundheitspolitische Bühne reicher um eine sach- und lösungsorientierte Initiative, die die PsychotherapeutInnen in ihrer täglichen Arbeit unterstützen und den Stellenwert und das sowieso schon hohe Ansehen der Berufsgruppe noch weiter verbessern will. Mitglied werden kann jede/r in Deutschland approbierte Psychothe- rapeut/in. Auch Spenden von Nicht-TherapeutInnen sind möglich und willkommen.

Es gilt, den psychotherapeutischen Sachverstand viel stärker in den Diskurs über das Wie unserer Gesundheitsversor- gung einzubringen, als das bisher der Fall war. Wie sich in den Entscheidungsfindungen der letzten Jahre gezeigt hat, sind die Strukturen zutiefst undemokratisch, praxisfern und dominiert von auf Wirtschaftlichkeit fixierten Gruppierun- gen - wir brauchen aber ein Gesundheitssystem, das primär darauf ausgerichtet ist, die Menschen in ihrer Gesundung zu unterstützen, bestenfalls auch diese gesund zu erhalten - und nicht für das Wohlergehen fachfremder Branchen oder ein- zelner privilegierter Behandlergruppen unter Preisgabe einer solidarischen Zusammenarbeit zu sorgen. Dafür tritt das Netzwerk engagiert und kompetent ein.

 

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